Rede von Dipl.-Ing. Hans Heydemann: „Der S21-Tunnelbrand und seine Folgen für den Brandschutz", 461. Montagsdemo am 15.4.2019
Der S21-Tunnelbrand und seine Folgen für den Brandschutz
Dipl.-Ing. Hans Heydemann, Ingenieure22 für die 461. Mo-Demo am 15.4.2019
Es gilt das gesprochene Wort!
Liebe Mitstreiter!
Letzten Mittwoch hat es jetzt auch in einem S21-Tunnel gebrannt – das unfertige Stuttgart 21 hat sozusagen schon mal eine Feuertaufe erlebt, 6 Jahre vor der offiziell geplanten Fertigstellung und Inbetriebnahme.
Aus der Rettungszufahrt beim Wagenburgtunnel quollen am Mittwoch während des Feierabendverkehrs dichte schwarze Rauchschwaden; die Bewohner des Kernerviertels wurden aufgefordert, Türen und Fenster geschlossen zu halten, Lüftungs- und Klima-Anlagen sollten abgestellt werden, um das Einsaugen von Brandrauch zu vermeiden. Gleichwohl beeilten sich offizielle Stellen zu verkünden, zu keinem Zeitpunkt habe irgendeine Gefahr für die Bevölkerung bestanden; der Messtrupp der Feuerwehr habe keine erhöhten Werte in der Umgebungsluft feststellen können. So stand es in der Zeitung.
Was war geschehen? Den Berichten zufolge ist in Wangen im S21-Tunnel eine Betonspritzmaschine ausgebrannt, vermutlich infolge eines technischen Defektes. Doch wie konnte die Maschine überhaupt in Brand geraten sein? Hydrauliköl und Dieselkraftstoff haben – anders als Benzin - Zündtemperaturen von weit über 200°C - eine achtlos weggeworfene Zigarette oder ein Kurzschlussfunke reichen dafür nicht aus. Da muss also schon etwas Größeres gewesen sein, z.B. ein Haar-Riss in einer Hochdruckleitung, der zum Feinst-Zerstäuben des Hydraulik- oder Dieselöls gesorgt hat, das auf den heißen Auspuff gelangt ist. Die wirkliche Ursache werden wir wohl nie erfahren. Warum war die Rettungswache der Tunnelbau-Unternehmen nicht sogleich zur Stelle, um den Brand schon in der Entstehung zu bekämpfen? Stattdessen entwickelte sich ein Großbrand, der den ganzen Tunnel stark verraucht hatte. Der Brandrauch zog durch die rund 5 km lange Tunnelröhre Richtung Innenstadt und trat aus der 40 m höher liegenden Rettungszufahrt am Wagenburg-Portal aus. Zeitungsberichten zufolge konnten sich die im Tunnel befindlichen 40 Arbeiter unverletzt in Sicherheit bringen – glücklicherweise!
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10.4.2019: Brand in einem Tunnel von Stuttgart 21
Eine kritische Betrachtung der Ingenieure22
Am 10.4.2019 gegen 15:30 Uhr brannte im entstehenden S21-Tunnel Stuttgart Hbf ↔ Ober-/Untertürkheim in Wangen im Berg etwa 700 Meter nach dem Zwischenangriff Wangen/Ulmer Straße eine Betonspritzmaschine, bei der u.a. Hydrauliköl in Brand geriet. Erst nach ungefähr 4 1/2 Stunden war der Brand unter Kontrolle, um 21:30 Uhr meldete die Feuerwehr ‚Feuer aus' (Quelle: Stuttgarter Zeitung). Der entstehende Rauch trat ca. 4 km weiter in der Innenstadt aus der Rettungszufahrt zum Fildertunnel am Gebhard-Müller-Platz (neben der Einfahrt Wagenburgtunnel) aus. Die Anwohner wurden gebeten Fenster und Türen zu schließen. →Bericht der Stuttgarter Feuerwehr.
Die Stuttgarter Medien geben sich allesamt sehr bedeckt und uneinheitlich, was den Hergang angeht. Deutlich mehr erfahren die Leser des Konstanzer Südkuriers (Motto: Unabhängiger Journalismus für Baden-Württemberg) im Beitrag →Brand im S21-Tunnel...
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Rede von Dipl.-Ing. Hans Heydemann: „S21-Brandschutz nach Gutsherren-Art", 454. Montagsdemo, 25.2.2019
S21-Brandschutz nach Gutsherren-Art
Redemanuskript von Dipl.-Ing. Hans Heydemann, Ingenieure22 für die 454. Montagsdemo am 25.2.2019
Vorgetragen von Dipl.-Phys. Wolfgang Kuebart, Ingenieure22
Liebe Mitstreiter
Jetzt haben auch unsere Stadtväter den Brandschutz als stadtpolitisches Handlungsfeld für sich entdeckt. Vor fünf Jahren hatte OB Kuhn den Fernsehturm sperren und dort den Brandschutz nachbessern lassen. Der Turm wurde vor über 60 Jahren erbaut; erst jetzt ist man darauf gekommen, dass dort der Brandschutz unzureichend war.
Erst kürzlich hat man auch erkannt, dass die vor vierzig Jahren erbauten unterirdischen Stadtbahn-Haltestellen den Anforderungen an den Brandschutz nicht genügen, deshalb müssten diese alle umgebaut und brandschutzmäßig ertüchtigt werden. Dazu sollen die Rolltreppen der Haltestelle „Schlossplatz“ ausgebaut und durch feste Treppen ersetzt werden, damit im Brandfall dort die Menschen schnell genug herauskommen. Rolltreppen dürfen nämlich gemäß der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung (BOStrab) bei der Berechnung der erforderlichen Fluchtwegbreite nicht einbezogen werden.
Für die Bahn gilt das beim Vorhaben Stuttgart 21 allerdings nicht – dort sind die Rolltreppen ausdrücklich als Fluchtweg in das Rettungskonzept mit einbezogen. Das Eisenbahn-Bundesamt hat dem zugestimmt, wohl weil die Eisenbahnbetriebsordnung (EBO) dies nicht ausdrücklich verbietet. Die für die S21-Tiefbahsteighalle geplanten Festtreppen mit einer nutzbaren Breite von nur 2,35 m sind auch nicht breiter als die der Stadtbahn-Haltestelle „Schlossplatz“ – aber die Anzahl der Flüchtenden aus der Tiefbahnsteighalle ist um ein vielfaches größer. Wie kann es angehen, dass Sicherheitsbestimmungen so unterschiedlich geregelt und gehandhabt werden?
Doch die Bahn nimmt sich nach Gutsherren-Art großzügig weitere Abweichungen von geltenden Regelwerken heraus – gerade beim Brandschutz. Und das EBA segnet alles ab.
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Rede von Prof. Dipl.-Ing. Karl-Dieter Bodack: „Aktuelles zur Deutschen Bahn", 449. Montagsdemo, 21.01.2019
Aktuelles zur Deutschen Bahn
Rede von Prof. Dipl.-Ing. Karl-Dieter Bodack, Verkehrssachverständiger, auf der 449. Montagsdemo am 21.1.2019
Liebe Stuttgarter,
herzlichen Dank, dass ich mal wieder bei Ihnen sein kann, dass Sie mich eingeladen haben und dass Sie tatsächlich hier in der Kälte stehen und mir zuhören möchten. Vier Jahre lang war ich verhindert hierherzukommen, weil ich das Amt übernommen hatte, als Aufsichtsrat der Stuttgarter Netz AG diesen legendären Prozess zu führen, von dem wir uns ja erhofften, dass er uns hilft und dass er zum Baustopp führen könnte. Den Prozess haben wir leider verloren. Wir haben am Samstag hier unsere Stuttgarter Netz AG begraben, die Arbeit beendet und ich muss leider sagen, das war ein Fehlschlag, den ich gerne vermieden hätte, der aber nicht vermeidbar war. Leider muss man das einfach so sehen. Wir haben gekämpft – ich bin auch froh, mitgekämpft zu haben, denn wenn wir nicht gekämpft hätten, hätten wir gar keine Chancen gehabt.
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Kritik an Landesverkehrsminister Winfried Hermann - ein Kommentar
Kommentar von Wolfgang Kuebart, Ingenieure22 (17.01.2019)
In der KONTEXT Wochenzeitung Ausgabe 405 (2.1.2019) und 406 (9.1.2019) findet sich ein großes Interview mit Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann unter Anderem zu Stuttgart 21: „Stuttgart 21 bleibt grandiose Fehlentscheidung".
Der Minister äußert sich ausgesprochen kritisch zu dem Mammutprojekt - zu Recht, wie wir meinen. Das ließ einige CDU-Abgeordnete geradezu schäumen. In der Schwäbischen Zeitung bekommen sie eine Plattform, in der sie unwidersprochen ihre Äußerungen publizieren dürfen: CDU sieht im grünen Verkehrsminister eine Gefahr für die Koalition.
Nun muss man sich diese Aussagen einmal ansehen:
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Vortrag von K.H. Rößler: „Stuttgart 21 - ein großer Schritt in die Klimakatastrophe", 448. Montagsdemo, 14.1.2019
Stuttgart 21 - ein großer Schritt in die Klimakatastrophe
Kurzvortrag am 14.1.2019 bei der 448. Montagsdemo in Stuttgart
von Karl-Heinz Rößler, Verkehrsberater
Liebe Freundinnen und Freunde des Stuttgarter Kopfbahnhofs,
vor ein paar Tagen wurde ich auf ein Buch aufmerksam, das den Titel trägt
„Change! Warum wir eine radikale Wende brauchen".
Es ist ein alarmierendes, ein schockierendes Buch. Geschrieben wurde es von dem Schotten Graeme Maxton, der viele Jahre als Generalsekretär des Club of Rome tätig war. Maxton weiß also über das Thema bestens Bescheid, über das er schreibt: die Klimakatstrophe, die uns wegen der von uns Menschen verursachten Erdüberhitzung als Folge der ungebremsten Treibhausgasfreisetzung droht.
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Der Bahnvorstand über digitale Signaltechnik
Ronald Pofalla über digitale Signaltechnik - „Der Effekt für die Region wäre enorm“
So lautet der Titel eines Interviews des StZ-Redakteurs Christian Milankovic mit dem DB-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla, das am 6.12.2018 in der →Stuttgarter Zeitung erschien.
Die Antworten von Herrn Pofalla gehen weit an der Realität vorbei, sind Wunschdenken und politisches Schönreden. Die Ingenieure22 haben sich Herrn Milankovics Fragen vorgenommen und eine eigene Beantwortung versucht.
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Rede von Hans Heydemann: „Brandschutz S21-Flughafen-Bahnhof vor dem VGH", 446. Montagsdemo am 17.12.2018
Brandschutz des S21-Flughafen-Bahnhofs vor dem VGH
Rede von Hans Heydemann, Ingenieure22, auf der 446. Mo-Demo am 17.12.2018
Liebe Mitstreiter!
Am 20. November 2018 wurde die Klage der Schutzgemeinschaft Filder gegen den Filderabschnitt PFA 1.3a vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim verhandelt – Steffen Siegel hatte bereits darüber berichtet.
Der Brandschutz spielte dabei eine bedeutsame Rolle; der war dem vorsitzenden Richter so wichtig, dass er diesen Tagesordnungspunkt vorzog und nahezu zwei Stunden darauf verwendete. Er hatte sich sehr gründlich mit meinen Einwendungen auseinandergesetzt und handelte diese Punkt für Punkt ausführlich ab. Das war bemerkenswert.
Bei etlichen Fragen sah die Bahn mit ihren verlegenen Antworten gar nicht gut aus.
Ich durfte auf der Klägerseite zum Brandschutz vortragen und konnte aufzeigen, dass vieles von der Bahn nur dreist behauptet wird, aber grundfalsch ist. Die Bahn lässt sich von ihrem Sachverständigen Prof. Dr.Ing. Dr.hc. Klingsch alles schönrechnen, und das Eisenbahn-Bundesamt winkt das dann nur noch durch. Einige wenige Beispiele dazu aus dieser Verhandlung.
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Rede von Prof. Dr. Wolfgang Hesse: „Deutschland weiter im Wackel-Takt", 445. Montagsdemo am 10.12.2018
Deutschland weiter im Wackel-Takt – Stuttgart ist da nicht gefragt
Rede von Prof. Dr. Wolfgang Hesse, Ludwig-Maximilian-Universität München, auf der 445. Montagsdemo am 10.12.2018
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Oben-Bleiber, Aus- und Umstiegler, liebe Standhafte im Widerstand gegen Dummheit, Ignoranz und Profitgier,
vor 30 Jahren – im Jahr 1988 – gab es in unserem Nachbarland Schweiz eine Volksabstimmung, bei der die Bevölkerung vor die Wahl gestellt wurde, ob man für ca. 6 Mrd. Franken (damals ca. 4 Mrd. Euro entsprechend) eine Hochgeschwindigkeits-Rennstrecke quer durch das Land – von St. Gallen nach Genf – bauen oder für das gleiche Geld die Strecken und Bahnhöfe im ganzen Land so ertüchtigen sollte, dass für möglichst viele – im Idealfall: alle – Quell- und Zielbahnhöfe optimale Reisezeiten garantiert würden. Wie wir alle wissen, entschieden sich die Schweizer für das letztere: dem Integralen Taktfahrplan (kurz: ITF) war der Weg geebnet, d.h. dem Prinzip, die Züge an den Bahnknoten möglichst gleichzeitig ankommen und abfahren zu lassen, um damit optimale Umsteigezeiten zu erreichen und unnötiges Warten zu vermeiden.
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ETCS in den Mühlen von Bahn und Politik
Vorgeschichte
Schon seit 2015 gibt es beim Verband Region Stuttgart (VRS) Überlegungen, auf der Stammstrecke der S-Bahn-Stuttgart das →Europäische Zugsicherungssystem ETCS zu installieren - dies nachdem das Verkehrswissenschaftliche Institut der Universität Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem ETCS-Anbieter Thales in einer Studie große Potentiale für die Taktfolge und die Pünktlichkeit der Stuttgarter S-Bahn ausmachten. Kritisch war an den Ergebnissen der Studie anzumerken, dass von Haltezeiten ausgegangenen wurde, die zwar richtliniengetreu, aber für die Spitzenzeiten nicht realitätsnah waren.
Im Juli 2017 hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) bei McKinsey & Co eine Machbarkeitsstudie zur Einführung von ETCS und Digitalen Stellwerken (DSTW) in Auftrag gegeben, die mittlerweile mit positivem Ergebnis zu Gunsten der ETCS- und DSTW-Einführung vorliegt. Die Kernaussagen finden sich in einer Pressemitteilung vom September 2018.
Anfang 2018 hat das BMVI das Programm →Digitale Schiene Deutschland aufgelegt, das in den nächsten 2-3 Jahrzehnten die flächendeckende ETCS/DSTW-Ausstattung des gesamten Netzes der Deutschen Bahn vorsieht. Mit der dafür erforderlichen Finanzmittelausstattung sieht es allerdings noch schlecht aus.
McKinsey empfiehlt u.a., in der die Region Stuttgart ein ETCS/DSTW-Pilotprojekt - auch für einen Teil der S-Bahn-Strecken (Filderstadt/Goldberg ⇔ Feuerbach/Bad Cannstatt) – parallel zum Bau von Stuttgart 21 (S21) durchzuführen, um die Neuerungen gleichzeitig mit der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 in 2025ff einzuführen.
Das wurde auch in der →Lenkungskreissitzung Stuttgart 21 am 5.11.2018 so kommuniziert. Das hat u.a. auch den Verband Region Stuttgart zum Durchstarten animiert: Wenn sich S21 schon verzögert, dann haben wir die einmalige Chance, ETCS für die S-Bahn gleich mitzumachen und auch Geld vom Bund dafür zu bekommen.
Bereits davor, am 24.10.2018 hat der Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg, Winfried Hermann, im Verkehrsausschuss des Landtags eine Präsentation Umsetzung ETCS/DSTW-Pilotprojekt in der Region Stuttgart gezeigt.
Hinweis: Beim Klick auf den vorstehenden Link öffnet sich die Präsentation in einem neuen Fenster, so dass sie parallel zum Lesen dieses Beitrags angeschaut werden kann.
Die recht ausführliche, bebilderte Präsentation ist in 4 Kapitel gegliedert:
- Das Programm „Digitale Schiene Deutschland“ der DB AG (Folien 3 und 4)
- ETCS/DSTW für die Stuttgarter S-Bahn (Folien 6-20)
- Das ETCS/DSTW-Pilotprojekt im Schienenknoten Stuttgart (Folien 22-24)
- Weiteres Vorgehen (Folien 26-27)
Im Kapitel 2 wird u.a. darauf eingegangen, wieso sich gemäß einer von den Partnern DB Netz AG, Verkehrsministerium BW und VRS in 2017 beauftragten ETCS-Untersuchung (Technik, Kosten, Zeitbedarf) nur mit ETCS/DSTW eine praktikable und finanzierbare Möglichkeit der Verbesserung der Pünktlichkeit und der Taktfolge bereits in den kommenden 10 Jahren erzielen lässt. So heißt es dort u.a.
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