Kritik an Landesverkehrsminister Winfried Hermann - ein Kommentar
Kommentar von Wolfgang Kuebart, Ingenieure22 (17.01.2019)
In der KONTEXT Wochenzeitung Ausgabe 405 (2.1.2019) und 406 (9.1.2019) findet sich ein großes Interview mit Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann unter Anderem zu Stuttgart 21: „Stuttgart 21 bleibt grandiose Fehlentscheidung".
Der Minister äußert sich ausgesprochen kritisch zu dem Mammutprojekt - zu Recht, wie wir meinen. Das ließ einige CDU-Abgeordnete geradezu schäumen. In der Schwäbischen Zeitung bekommen sie eine Plattform, in der sie unwidersprochen ihre Äußerungen publizieren dürfen: CDU sieht im grünen Verkehrsminister eine Gefahr für die Koalition.
Nun muss man sich diese Aussagen einmal ansehen:
Hagel: „…Im Gegenzug wirft er Hermann vor, mit Rückendeckung der Grünen das Schienenprojekt durch Zeitverzögerungen zu behindern, damit „die düsteren Prophezeiungen der Grünen nachträglich wahr werden...“
und
Dörflinger: „...Verzögerungen kritisieren, die sie durch ihr eigenes Handeln selbst mit verursacht haben...“
Unglaublich, was diese offensichtlich völlig unwissenden CDU-Vetreter dort äußern. Sie sollten sich erst einmal kundig machen, bevor sie sprechen. Sollten sie wider besseres Wissen reden, wäre es ja noch schlimmer.
Wenn man die Verzögerungen des Projekts untersucht, wird man schnell feststellen, dass sie alle vom Projekt selbst verschuldet sind.
Beispielhaft kann man unsere Analysen lesen, z.B.
wo zur Bodenplatte in Baufeld 16 die Verzögerungen der Baustelle untersucht werden, oder eine Zustandsbeschreibung vom April 2017:
→ Aktueller technischer Stand von S21 - Rede auf der 366. Montagsdemo am 10.4.2017
Die Artikel basieren nicht auf Insiderinformationen sondern auf Veröffentlichungen, die der Öffentlichkeit jederzeit zugänglich sind.
Das Lager der Befürworter versucht nun, die angesagte Blamage des aus dem Ruder laufenden Projekts wieder einmal den Projektkritikern in die Schuhe zu schieben.
Auch Stefan Bauer von IG Bürger für Baden-Württemberg macht allen Ernstes den Filderdialog für die Verzögerungen beim Filderbahnhof und die Aufspaltung in 1.3a und 1.3b verantwortlich.
Inzwischen gibt es in Kontext 407 (16.1.2019) weitere Artikel, die die Diskussion beleuchten. Da bleibt von einem Vorwurf an die Kritiker nicht mehr viel übrig. Glücklicherweise lässt sich die Entwicklung an vielen Artikeln nachlesen, nicht nur im Dossier der Kontext sondern auch in zahllosen Artikeln der beiden Stuttgarter Zeitungen, wie oben in den Analysen gezeigt.
- Kontext Dossier: Das Jahrhundertloch – Stuttgart 21
Immer neue Kostensteigerungen, Risiken durch den Tunnelbau, ungelöste Brandschutzfragen, ein De-facto-Rückbau der Infrastruktur – das sind nur einige Aspekte des Milliardengrabs. Der Link leitet auf 11 Artikel der Kontext von 2013 bis 2017 zum Projekt Stuttgart 21. - Kontext 405: Interview MdL Hermann Teil 1: „Es ist zum Verzweifeln"
Winfried Hermann ist sauer auf die Deutsche Bahn (DB). In einem Brandbrief an den Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Odenwald hat der Verkehrsminister aufgelistet, was sich dringend ändern muss. In Kontext ist das Schreiben komplett zu lesen, im Gespräch erläutert der Grüne, warum er sich manchmal fühlt wie Sisyphus. - Kontext 406: Interview MdL Hermann Teil 2: „S21 bleibt grandiose Fehlentscheidung"
Im zweiten Teil des Kontext-Interviews erklärt Landesverkehrsminister Winfried Hermann, warum er einen Ausstieg aus Stuttgart 21 nicht für realistisch hält, wie er die Bahn-Klage zur Mehrkostenübernahme beurteilt – und wie er mit der Kritik von Projektgegnern umgeht. - Kontext 407: „Die Porzellan-Zerdepperer"
Weil Winfried Hermann in Kontext Tacheles geredet und S21 als „grandiose Fehlentscheidung" bezeichnet hat, geht den CDU-Abgeordneten Manuel Hagel und Thomas Dörflinger der Hut hoch. Sie unterstellen dem grünen Minister, er verzögere das Projekt, und sie spielen damit der Bahn in die Karten. - Kontext 407: Kommentar: Kontext lässt schäumen
Das Gefühl, zwischen allen Stühlen zu sitzen, hatte Winfried Hermann vermutlich schon öfter in seinem Leben. Aktuell wegen seines Interviews in der vergangenen Kontext-Ausgabe. Darin hatte der grüne Landesverkehrsminister das Tunnelbahnhofsprojekt Stuttgart 21 zwar als „grandiose Fehlentscheidung" bezeichnet. Einen Ausstieg aus dem Projekt wäre für ihn trotzdem „nicht mehr vermittelbar". - Kontext 407: Gastbeitrag von Werner Sauerborn: Kein Verräter, aber verantwortlich
Ein Abbruch von Stuttgart 21 sei nicht mehr vermittelbar? Nicht nur in diesem Punkt widerspricht Werner Sauerborn, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen S21, Winfried Hermanns Äußerungen in Kontext. In seiner Replik wirft er dem Landesverkehrsminister vor, vorhandene Spielräume nicht zu nutzen.