Rede von Hans Heydemann auf 261. Mo-Demo am 23.2.2015 „Hände weg vom Rosensteinpark“ „Juchtenkäfer gegen Kreuzungsbauwerk und andere Bauhindernisse bei S-21“

 

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Liebe K-21-Freunde!

Die Bahn hat viele Baustellen bei S-21 angefangen, kommt aber nirgends so recht voran – dennoch wird eisern an einer Inbetriebnahme von S-21 im Dez. 2021 festgehalten. Fünf Jahre baut die Bahn jetzt schon rum am Tiefbahnhof, doch außer viel Zerstörung ist kaum etwas geschaffen – wenn es so weitergeht, wird tatsächlich noch ein Jahrhundert-Bauwerk daraus!

Vor einer Woche meldeten die Zeitungen: Tunnel unter dem Neckar soll 4 m tiefer gelegt werden – der Tunnel also, mit dem die Bahn am 5. Dez. 2013 den S-21-Tunnelbau in Wangen begonnen hatte. Was haben die in den 15 Monaten seither eigentlich gemacht, wenn ihnen jetzt einfällt, die Tunnel tiefer zu legen – und damit 4 m näher an das unter Druck stehende Mineralwasser? Bestgeplanter Murks also! Begründet wird das mit dem erhöhten Bauwasser-Andrang, der drei- bis zehnmal größer ist als vorgesehen – so zuverlässig sind also die geologischen Gutachten des Prof. Wittke!

Auch im Fildertunnel geht es nicht voran: der mit viel öffentlichem Tamtam am 10 Juli letzten Jahres groß gefeierte Start der Tunnelbohrmaschine blieb bis Dezember im Startloch stecken, ohne auch nur einen Meter zu bohren; nach nur zwei Wochen Betrieb stand dann wiederum alles still – Begründung: notwendige Justierarbeiten an der Maschine. Tatsächlich aber hat die Bahn es versäumt, die im Planfeststellungsbeschluß vorgesehene Baustellen-Auffahrt auf die Autobahn zu bauen. Stattdessen fordert sie die Zustimmung der Stadt Stuttgart und der Gemeinde Plieningen, die öffentlichen Straßen auch durch Wohngebiete für die Abfuhr des Aushubes und die Anfahrt der Fertigteile für die Tunnelauskleidung benutzen zu dürfen, obwohl das in der Planfeststellung anders vorgesehen ist. Es geht dabei um mehr als eine halbe Million LKW-Fahrten!

Nicht anders an der Baugrube 16, der ersten für den Tiefbahnhoftrog, neben dem Bonatzbau. In den 7 Monaten seit Baubeginn am 5. August letzten Jahres sind gerade mal 4 m Tiefe ausgehoben worden; weiter tut sich dort nichts. Man warte auf die Genehmigung für die Gründung der zusätzlichen Fluchttreppenhäuser, heißt es nur. Die Bahn läßt bauen, ohne fertige Pläne zu haben. Man nennt das baubegleitende Planung.

Und schließlich das große Förderband, das sich schräg über den Gebhard-Müller-Platz und den Ausgang der Haltestelle Staatsgalerie am Planetarium vorbei bis vor das GWM spannt: Ende Juli im letzten Jahr aufgebaut steht es bis heute untätig herum. Ende Januar war ein 72-Stunden-Probebetrieb, seither steht es wieder still. Benötigt wird das Förderband jedoch erst in Monaten. Dafür steht es aber den Pfahlgründungen für das Trog-Teilstück unter der neuen Haltestelle Staatsgalerie im Weg - ein weiteres Muster-Beispiel für gelungene Planungen der Bahn.

Jetzt will die Bahn das Kreuzungsbauwerk an der Ehmannstraße beim Rosensteinpark bauen, wo S- und Fernbahn-Tunnel sich übereinander queren sollen, bautechnisch sehr schwierig. Um die dafür erforderliche sehr große und bis zu 20 m tiefe Baugrube ausheben zu können, soll zuvor die Ehmannstraße in das Parkgelände hinein verlegt werden. Das geht aber nicht, weil hier etliche Bäume von unseren kleinen Freunden, den Juchtenkäfern besiedelt sind. Die müssten erstmal weg, damit die dem Baufortschritt im Weg stehenden Bäume gefällt werden dürften. Für die naturschutzrechtlich vorgeschriebene Umsiedlung der Juchtenkäfer-Larven hat die Bahn bis heute allerdings keine Lösung. Die Artenschutzrechtliche Untersuchung sei noch nicht abgeschlossen, heißt es nur. Also geht es auch dort erstmal nicht weiter.

Dennoch will die Bahn den Rosensteinpark nicht vor der Verwüstung verschonen. Weil der Bahn mittlerweile die Zeit davonläuft, wird sie das EBA unter Druck setzen, die Baumfällungen an der Ehmannstraße zuzulassen. Es steht zu befürchten, daß die große Baugrube für das Kreuzungsbauwerk „Ehmannstraße“ und die zugehörigen Baustellen-Flächen den Park – unseren Park - weiträumig und für immer zerstören! Und das obwohl inzwischen unübersehbar ist, daß keine Ausnahmegenehmigung der Welt das Planungs-Chaos der Bahn in funktionierende Infrastruktur verwandeln kann.

Auch auf der anderen Seite des Rosensteinparks hinter dem Schloß Rosenstein steht demnächst Verwüstung und Zerstörung durch die Bahn an: Für die neuen S-21-Tunnel nach Cannstatt soll das Baufeld freigemacht und eine Baustraße den Neckarhang hinauf angelegt werden. Dafür wurde bereits die Stadtbahnlinie U14 im Abschnitt Berger Sprudler bis Wilhelma eingleisig zurückgebaut, der Stadtbahnverkehr also eingeschränkt. Als nächstes sollen dann auch dort hunderte schöner alter Bäume umgelegt werden – der natur- und denkmalgeschützte Rosensteinpark würde ebenfalls in eine häßliche Baubrache verwandelt wie der Mittlere Schloßgarten! Unser schöne Rosensteinpark würde bis auf ein paar Restflächen verstümmelt und zerstört werden.

Daß der Rosenstein-Park ein international anerkanntes und unter besonderem Schutz stehendes FFH-Gebiet ist, darüber setzen sich die verantwortlichen Politiker kurzerhand hinweg – der Natur- und Landschaftsschutz müsse halt gegenüber dem überragenden öffentlichen Interesse an S-21 zurückstehen, ungeachtet der Tatsache, daß längst bekannt und offenbar ist, was DB AG und S21 alles nicht leisten können. Bezeichnend für diese beschämende Haltung ist die Aussage des Grünen-Politikers Murawski, zuvor Gesundheits-Bürgermeister der Stadt und ins Staatsministerium gewechselt, der öffentlich erklärt hatte, man dürfe den Artenschutz nicht über S-21 stellen. Herr Murawski, wieviele Arten, alte Bäume und wertvolle Kulturlandschaften wollen Sie denn noch für S21 opfern, bevor Sie zur Kenntnis nehmen, dass die Bahn mit S21 nichts vermag, außer Zerstörung und peinliche Planungsfehler?

Dem werden wir uns widersetzen und diese Zerstörungen und Verwüstungen nicht tatenlos hinnehmen! Wir fordern von den verantwortlichen Politikern in der Landesregierung wie auch von OB Kuhn und Baubürgermeister Hahn, endlich zur Kenntnis zu nehmen, daß die Bahn mit S21 auf ganzer Linie scheitert. Der desaströse Verlauf der bisherigen Bau- oder besser gesagt Zerstörungstätigkeit der Bahn erlaubt nur eines: Die Zustimmung zur Zerstörung des Rosensteinparks verweigern!

Zum Abschluß noch kurz ein paar Worte zum Rostwasser in den Blauen Rohren:

Wie willfährig das EBA die Interessen der Bahn mitträgt, zeigt sich einmal mehr an der Sonder-Überwachung der Wassergüte in den Blauen Rohren des GWM. Auf Eisen bzw. Rost wurde ohnehin nicht untersucht, sondern nur auf absetzbare und abfiltrierbare Stoffe. Die bei den Prüfungen festgestellten Überschreitungen der vorgegebenen Einleitgrenzwerte wurden mit Zustimmung des EBA einfach als nicht plausibel aus der Wertung herausgenommen und die Prüfberichte nachträglich geändert. Das ist nicht zulässig und wurde sogar vom Amt für Umweltschutz gerügt; dennoch wurde zugestimmt, die Grenzwert-Überschreitungen nicht zu werten. Dieser Vorgang ist schlicht kriminell. Ein ausführlicher Bericht hierüber ist an der Mahnwache erhältlich und kann auch auf der Internetseite der Ingenieure22 angesehen werden.

Die Rostwasser-Geschichte ist noch nicht zu Ende. Unser Widerstand geht weiter! Oben bleiben!