Rede von Hans Heydemann „Grundwasser - Risiko für S-21 auf der 133. Montagsdemo am 30. Juli 2012

Liebe Freunde und Mitstreiter für den Erhalt des Kopfbahnhofes!

Die Bahn sitzt jetzt in der Klemme und darf an S-21 vorerst nicht weiterbauen; erst muß ein neues Planfeststellungsverfahren mit neuen Gutachten und mit Öffentlichkeitsbeteiligung her. Und das kann dauern! Dafür werden wir alle mit vielen tausend Einwendungen sorgen.

Den verfügten Baustop umgeht die Bahn derzeit mit der verzweifelten Buddelei für das Technikgebäude vor dem Nordausgang. Weil das Grundwasser-Management nicht fertig ist, hat die Bahn jetzt ein mobiles GWM eingesetzt, um damit die Baugrube trocken halten zu können. So hält sich die Bahn wiederum nicht an das erteilte Baurecht, sondern versucht abermals Festlegungen des Planfeststellungsbeschlusses durch weitere Ausnahme-Regelungen auszuhebeln!

Vor ein paar Tagen hat nun Projektsprecher Dietrich öffentlich Behörden und Ämter an die Projekt-Förderpflicht erinnert und gefordert, etwaige Bedenken beiseite zu lassen und die beantragten Änderungen zügig freizugeben, damit der Weiterbau endlich beginnen und der Zeitplan eingehalten werden könne – schließlich sei doch alles durch die Volksabstimmung legitimiert! Welch ungeheuerliches Ansinnen, fordert er doch dazu auf, die Prüfpflicht nicht ernst zu nehmen und die Bahn einfach bauen zu lassen – die werde schon alles irgendwie richtig machen.

Bekanntlich reicht die genehmigte bauzeitliche Grundwasserentnahme von 3,8 Mio. m³ nicht aus; die Bahn will jetzt 6,8 Mio. m³ abpumpen, mehr als das Doppelte, und überdies 38 Schluckbrunnen anlegen anstatt 23 wie ursprünglich vorgesehen. Hierüber hat die Bahn im März diesen Jahres einen “7. Änderungsantrag” beim EBA gestellt – wohl in der Annahme, das werde dort schon durchgewunken.

Doch die Fachbehörden haben Bedenken angemeldet, fordern weitere Gutachten sowie ein neues Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung.

Mit der mehr als verdoppelten Grundwasser-Entnahme wird die ursprüngliche Genehmigungsgrundlage verlassen; es ergeben sich neue und größere Risiken, viele ungeklärte Fragen tun sich auf.

Der Grundwasser-Absenktrichter wird sich durch die erhöhte Grundwasser-Entnahme vergrößern; das ergibt neue Betroffenheiten.

Welche Auswirkungen hat dies etwa auf die verbliebenen Bäume im Park? Werden die dann auch noch eingehen?

Wie verhält sich der Untergrund, dem einerseits Grundwasser entzogen, andererseits aber zugeführt werden soll? Bleibt er wirklich stabil, wie die Experten der Bahn behaupten? Oder muß doch mit Setzungen und Rissen an den Gebäuden oder gar Hangrutschungen gerechnet werden, zumal im steilen Kernerviertel? Und wer kommt für diese dann auf? Die Bahn sicherlich nicht; die will noch nicht einmal die Beweislast tragen!

Sollte gar die hohe Stützmauer an der Haußmannstraße nachgeben und einstürzen, werden die darunterstehenden Häuser verschüttet, es wird Tote und Verletzte geben!

Beispiele für durch technische Eingriffe verursachte Geländehebungen und –Setzungen mit schwerwiegenden Folgen gibt es zuhauf, auch in Stuttgart!

Die Bahn spielt hier “Russisch-Roulette” mit uns; sie will ein “wirtschaftlich optimiertes” Bauvorhaben durchziehen – den möglichen Schaden jedoch als ein dem technischen Fortschritt geschuldetes “Restrisiko” auf die betroffenen Bürger abwälzen!

Die Experten der Bahn haben mit einem jetzt als völlig falsch erwiesenen Grundwasser-Modell über mehr als ein Jahrzehnt hin falsch geplant und sich ein so nicht ausführbares Baurecht erteilen lassen. Entweder war das fahrlässige Schlamperei; die Bahn hat so einmal mehr ihre Unfähigkeit bewiesen, S-21 auch wirklich bauen zu können.

Oder war es womöglich gar Absicht der Bahn, zunächst mit einer bewußt zu niedrig angegebenen Grundwasser-Entnahmemenge den Planfeststellungs-Antrag leichter durch das Genehmigungsverfahren zu bringen, um dann – wie jetzt geschehen – nachzulegen in der Annahme, das werde dann unter Ausschluß der Öffentlichkeit als einfache Planänderung ohne viel Aufhebens durchgehen?

Das allerdings wäre dann vorsätzliche Täuschung, die den Widerruf des Planfeststellungs-Beschlusses und damit des Baurechts nicht nur rechtfertigen, sondern zwingend erfordern würde!

So oder so: Die Rechtfertigung des S-21-Vorhabens ist jetzt endgültig dahin!


Wir werden oben bleiben!