"Wußten Sie schon...?" Thema Grundwassermengen mit Roland Morlock auf der 126. Montagsdemo am 11.6.2012

Meine Damen und Herren,

Wussten Sie schon, daß es in Stuttgart Mineralwasser gibt? Sehr viel sogar?

Und neulich habe ich gehört, das Mineralwasser in Stuttgart sei gerade dank Stuttgart 21 sicher.

Das ist sozusagen staatlich garantiert. Vor ein paar Monaten ließ das Umweltministerium nämlich wissen, es hätten ein paar Hansels von Wissenschaftlern angeklopft. Selbsternannte vermutlich. Die hätten aber nicht nachweisen können, daß das Mineralwasser gefährdet ist.

Diese selbsternannten Wissenschaftler waren Leute von uns. Und die wollten nur, daß offensichtlichen Ungereimtheiten in den Gutachten nachgegangen wird.

Aber warum ist sich das Umweltministerium so sicher? Dieser Frage wollen wir heute und am nächsten Montag nachgehen.

Es gibt Experten. Keine selbsternannten – echte Experten.

Und die haben Sitzungen gemacht. Unendlich viele Sitzungen, 100 und 21 glaube ich …

Und die sagen im Planfeststellungsbeschluß 2005:

Das Restrisiko […] kann jedoch durch das numerische Grundwassermodell der Vorhabensträgerin [das ist die DB AG] eingegrenzt werden. […] Darüber hinaus wurde ein zweites Modell durch den Landesgutachter Wasserwirtschaft aufgestellt und separat betrieben. Die Übereinstimmung in den wesentlichen Berechnungsergebnissen verdeutlicht die Verlässlichkeit dieser Aussagen.“

Um die Verläßlichkeit dieser Aussagen voll und ganz genießen zu können, müssen Sie im folgenden etwas auf die Zahlen achten:

2006 hat der Bevollmächtigte der DB AG Südwest, Klingenberg, verkündet, alles sei so toll, man könne inzwischen vorhersagen, wie das System in Wendlingen reagiert, wenn man in Feuerbach 10 Liter Wasser abpumpt.

Dabei hat er auch gleich noch verkündet, man werde während der Bauzeit 5,8 Milliarden Liter pumpen müssen, und zwar in der Summe für alle Planfeststellungsabschnitte zusammen.

Am 16. April diesen Jahres haben die Vertreter der DB Projektbau im Bezirksbeirat Mitte gesagt, die zu bewirtschaftende Gesamtmenge Grundwassers habe sich gegenüber der Planfeststellung 2005 geringfügig von 14 auf 18 Milliarden Liter erhöht.

Moment mal – 2006 waren es doch noch 5,8 Milliarden Liter für alle Planungsabschnitte zusammen?

Nun steht der Antrag auf Erhöhung der zu pumpenden Wassermenge von 3 auf 6,8 Milliarden Liter nur für die Talquerung an, obwohl doch laut Herrn Klingenberg 2006 alles so genau berechnet werden konnte? Wieso? Hat etwa das Wasser vergessen, die Gutachten der Bahn zu lesen?

Fakt ist:

Vorletzten Winter hat man zur Prüfung des Modells über 5 Tage bis zu 30 Liter pro Sekunde Wasser abgepumpt und an Meßstellen nachgeschaut, was passiert.

Bei der Rossebändiger-Gruppe im Unteren Schloßgarten hätte der Grundwasserspiegel während des Versuchs um 25cm zurückgehen müssen. Gemessen: Nur 15cm. Die „offiziellen“ Experten sagen dazu: Prima, die Auswirkungen sind geringer als von uns befürchtet.

Und die Quellen? Für die Berger Quellen war ein Rückgang um 2 Liter pro Sekunde vorhergesagt. Nur wußten die Quellen das leider nicht. Als der Rückgang die 3,5 Liter-Grenze angekratzt hatte, brach man ab. Begründung: Der Versuch war nur für 5 Tage genehmigt. Wir wissen also nicht, um wieviel die Berger Quellen noch zurückgegangen und wo der stabile Endzustand erreicht worden wäre. Gestört hat das außer uns scheinbar niemanden.

Im Gutachten steht jetzt, daß die gemessene Reduktion von 2-3 Liter pro Sekunde vom Prognosemodell gut reproduziert werde. Dann muß es ja stimmen, oder?

Grob abgeschätzt liegen Theorie und Praxis alleine bei diesem einfachen Pumpversuch um mindestens 40 bis 70% auseinander, und auf einem solchen Fundament ruhen das Grundwassermanagement und alle Aussagen der Art „alles ist sicher“.

Hintergründe zum Verhältnis von Theorie und Praxis gibt’s nächste Woche, ebenso ein paar Anmerkungen zur theoretischen und zur praktischen Sicherheit der umliegenden Häuser.

Bis dahin: Halten Sie uns die Treue.