Rede von Bettina Bocksch auf der 105. Montagsdemo am 2.01.2012
Guten Abend liebe Selbstdenkerinnen und Selbstdenker!
Ich will Ihnen heute Abend einen kurzen Überblick über die aktuelle Situation geben und drei Punkte - technische und organisatorische - betrachten, die zeigen, warum unsere Bäume derzeit nicht gefällt werden müssen.
Beginnen wir auf dieser Seite des Parks - mit dem „baugestoppten“ Grundwassermanagement.
Die Änderungen auf die doppelte Menge beim abzupumpenden Grundwasser und auf die sechsfache Menge beim Trinkwasser, das in den Mineralwasserleiter zum Schutz (!) des Mineralwassers eingeleitet werden soll, sind derzeit nicht genehmigungsfähig. Es fehlen Belege zur Standsicherheit von Gebäuden und zu den Auswirkungen auf die Vegetation.
Für die Bahn sind diese Änderungen absolut notwendig. Mit der bisher genehmigten Menge kann sie das anstehende Grundwasser nicht so weit absenken, daß sie die Baugrube für den Bahnhofstrog trocken halten kann. Ein Spaßbad für Schadenfrohe ist aber nicht genehmigt!
Das von der Bahn ins Spiel gebrachte Betonieren unter Wasser würde dagegen zu Problemen bei der Grundwasserumläufigkeit des Bahnhofstrogs führen. Man würde für das Grundwasser eine unterirdische Staumauer errichten - quer zum gesamten Tal.
Ganz abgesehen davon - bis das Grundwassermanagement fertig und einsatzbereit wäre, stünden der Bahn noch viele Monate Arbeit bevor: Bis heute steht noch nicht viel von den vorgesehenen 17 km Rohrleitungen. Und erst wenn alle 17 km stehen, kann mit dem zeitintensiven Teil der Arbeit begonnen werden: Das Grundwassermanagement muss richtig eingestellt und erprobt werden und die Auswirkungen auf das Mineralwasser müssen getestet werden.
Die Bahn hat sich mit der Umplanung auf ein einziges, zentrales Grundwassermanagement selbst ein Bein gestellt! Und das Fällen der Bäume ist absolut noch nicht notwendig!
Gehen wir hinüber auf die andere Seite des Parks - zum Filderaufstiegstunnel.
Durch die Änderung des Vortriebsverfahrens auf Tunnelbohrmaschinen sind zu deren Montage zwei sogenannte Montagekavernen geplant. Diese Kavernen - 30 m lang, 20 m breit und 18 m hoch -, in denen ein sechsstöckiges Haus Platz finden würde, sollten zunächst unter Wohnhäusern in der Haußmannstraße und der Gerokstraße zu liegen kommen. Auf Wunsch der Stadt soll nun die Lage verändert werden. Somit ist die neue Lage der Kavernen nicht klar und ebenso ist nicht klar, ob die Kavernen miteinander verbunden werden sollen. Diese Änderung ist derzeit nicht genehmigungsfähig. Und die Bäume im Park stehen auch nicht im Weg!
Kommen wir damit zum zentralen Punkt - zu unserem Mittleren Schlossgarten.
Die Frage des Artenschutzes im Mittleren Schloßgarten ist offen. Ein von der Bahn eingereichtes Gutachten reicht nicht aus. Außerdem liegt die schriftliche Begründung des VGH-Urteils noch nicht vor. Das Innenministerium und die Polizei dringen jedoch auf klare rechtliche Verhältnisse. Sie wollen keine Wiederholung des 30. Septembers.
Eine Baugrube, die nicht ausgehoben und ein Tunnel, der nicht aufgefahren werden kann dafür aber ein gerodeter Park - sieht so vorausschauende und verantwortungsvolle Planung, sieht so ein echter Baufortschritt aus?
Warum hat die Bahn die Zeit nicht genutzt, um die Bäume auf ihre Verpflanzung vorzubereiten?
Warum wurde für das Grundwassermanagement und sollen für Logistik wertvolle Flächen im Park geopfert werden anstatt bereits versiegelter Flächen außerhalb des Parks?
Herr Kretschmann, wir appellieren an Sie, verhindern Sie die Unterzeichnung des Gestattungsvertrages, denn die Baumfällungen sind zum jetzigen Zeitpunkt völlig unnötig!
Außerdem erwarten wir von Ihnen, dass die Betrugsvorwürfe beim Stresstest geklärt werden und dass auch geklärt wird, ob Stuttgart 21 ein genehmigungspflichtiger Rückbau des Schienenverkehrs wäre!
Sorgen Sie dafür, dass das Land und die Stadt nicht Schritt für Schritt erpressbar werden, nicht alles hinnehmen, dulden und bezahlen müssen!
In diesem Sinne: Oben bleiben!