Pressekonferenz zum ungelösten Brandschutz in den S21-Tunneln

02.05.2024

Christoph Engelhardt vom Faktencheckpotal WikiReal, das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 und die Ingenieure22 hatten für Freitag, den 19.04.2024 in Stuttgart zu einer Pressekonferenz (PK) mit dem Titel „Kein Zug wird fahren bei Stuttgart 21“ eingeladen und danach noch am gleichen Tag eine →Pressemitteilung quasi als Protokoll verschickt.

Der Brandschutz bei Stuttgart 21, insbesondere die Selbstrettung in der sog. Tunnelspinne, ist im Brandfall eines liegengebliebenen Zuges im gegenwärtigen Tunnelsystem nicht gegeben. Die DB AG behauptet zwar, dass die Tunnelsicherheit (Evakuierung) internationalen Standards entspräche, doch zeigen Simulationen mit den Parametern der Projektbetreiber, dass man dabei die Evakuierung unzulässig vereinfacht hat. Die Gefährdung von Reisenden und Zugpersonal ist wesentlich größer als in internationalen Tunneln → Folien der Pressekonferenz vom 19.4.2024 auf WikiReal. Zudem werden in absehbarer Zeit Züge mit sehr viel mehr Passagieren durch die Tunnel fahren, deren Evakuierung im Brandfall dann erst recht nicht mehr gewährleistet ist. Das EBA hält bis heute an den erteilten Planfeststellungen fest und sieht keine Notwendigkeit, diese in Anbetracht der mangelhaften Evakuierungsnachweise und neuen Anforderungen zu korrigieren.

Bereits seit Mitte 2016 streiten die Ingenieure22 darum, Einsicht vor allem in die Simulationen zu bekommen, die im Auftrag der Deutschen Bahn bei der Schweizer Firma Gruner angefertigt wurden, zum Nachweis der Sicherstellung der Selbstrettungsphase. Jahrelang wollte man uns aus Sicherheitsgründen den Blick in die Simulationen nicht gestatten. Zuletzt erstritten wir zwar vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim das Recht, in die Simulationen sehen zu dürfen, doch auch dann ließ man uns nur in einen Bericht über die Simulationen sehen. Deshalb versuchten wir zuletzt über den Weg der Zwangsvollstreckung zu erreichen, endlich auch in die Simulationen sehen zu dürfen. Die DB strengte eine Zwangsvollstreckungsabwehrklage gegen uns an. Die Verhandlung vor dem VG Stuttgart fand am 12.04.2024 statt. Der Klage der DB wurde stattgegeben. Das schriftliche Urteil steht noch aus. Als Zeugen waren 2 Mitarbeiter der Fa. Gruner geladen, die bestätigten, dass die Simulationen bereits in der ersten Jahreshhälfte 2016 gelöscht worden seien. Dazu eine gemeinsame →Pressemitteilung der Ingenieure22 und des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 vom 18.04.2024 mit der Überschrift Nach dem juristischen Pyrrhussieg der Bahn bei ihrer „Zwangsvollstreckungsabwehrklage“ - Jetzt Fakten auf den Tisch in der Brandschutzfrage!.


Am 24.04.2024 wurde im Nachgang zur Pressekonferenz ein →Offener Brief an den Geschäftsführer der PSU mit der Überschrift Bahn phantasiert von „Universal-Brandschutzkonzept“ – Eingeständnis des fehlenden Tunnelbrandschutzes: Baustopp sofort! versandt, in dem er gebeten wurde, endlich den Nachweis zu erbringen, dass die Sicherheit in der neuen Infrastruktur auch im Brandfall gewährleistet sei.→Pressemitteilung zu diesem Offenen Brief


Jetzt, da die Inbetriebnahme in nicht allzu ferner Zukunft stattfinden soll, kommt Bewegung in die Sache. Zwar haben die Verwaltungsgerichte es bisher abgelehnt, dass Einzelpersonen gegenüber Behörden, Verbänden und Organisationen klageberechtigt sind und sie somit nicht gerichtlich feststellen mussten, ob der Brandschutz unzureichend ist. Doch in Anbetracht der Unglaubwürdigkeit der Aussagen der Projektbetreiber zum gesamten Projektverlauf wird nun den Aussagen der Kritiker in Presse und Öffentlichkeit wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt, zumal die Kritik, die seit Beginn der Planungen geäußert wird, sich in vielen Aspekten als völlig berechtigt gezeigt hat.

Den Stein ins Rollen brachte wohl das Zugeständnis der Bahn, dass zwar an einer Inbetriebnahme des Tiefbahnhofs Ende 2025 festgehalten wird, man aber den neuen Fahrplan für 2026 noch mit dem Betrieb des bisherigen Kopfbahnhofes plane. Gerüchte auf der Seite der Projektbefürworter sprechen inzwischen davon, dass der Kopfbahnhof nicht vor 2030 außer Betrieb gehen kann. So wird die neue Infrastruktur, wenn überhaupt, mit einem Geisterzug für die Prominenz Ende 2025 eingeweiht, von einer Inbetriebnahme wird keineswegs ernsthaft die Rede sein können.

Eine von allen Teilnehmern der PK autorisierte Videoaufzeichnung der gesamten PK kann →HIER angesehen werden (Dauer ca. 1:40h).


Einige externe Medienberichte ohne Paywall seit dem Verfahren zur Zwangsvollstreckungsabwehrklage am 12.04.2104 beim VG Stuttgart und unserer Pressekonferenz am 19.04.2024