Erörterungsverhandlung zum Filderabschnitt 1.3b empörende Farce

Pressemitteilung

Verbände und Vereinigungen bei der Erörterung 1.3b

Schutzgemeinschaft Filder e.V., Aktionsbündnis gegen S 21, Ingenieure22, Deutscher Bahnkundenverband, Landesnaturschutzverband BW, NABU Stuttgart
28.04.2021

Natur-, Umweltverbände und Vereinigungen gegen S 21 verlassen Termin unter Protest

Erörterungsverhandlung zum Filderabschnitt 1.3b empörende Farce

Mehr als zwei Jahrzehnte nach der Raumordnerischen Beurteilung (09/1997) und über 100 Monate nach der Antragstellung der DB AG für den Gesamtabschnitt 1.3 wird ausgerechnet in einer Hochphase der Corona-Epidemie eine öffentliche Versammlung als ein zentraler Akt des rechtlichen Gehörs aller betroffenen Organisationen und Einzelpersonen übers Knie gebrochen. Seit über einem Jahr müssen von allen Bürger*innen psychische, möglicherweise auch lebensprägende Belastungen und Einschränkung von Freiheitsrechten zur Eindämmung der Pandemie als zumutbar und verfassungskonform hingenommen werden. Gleichzeitig führt das Regierungspräsidium Stuttgart im Landkreis Esslingen mit einer Inzidenz von ca. 250 entgegen den Empfehlungen der Gesellschaft für Aerosolforschung eine Massenveranstaltung an vier aufeinanderfolgenden Tagen jeweils von 9 bis 18 Uhr in einem geschlossenen Raum durch.

Das Infektionsrisiko der Teilnehmer wird noch erhöht durch Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs. Toiletten müssen mit einer Vielzahl von Personen geteilt werden. In hitziger Diskussion kommt es leicht zu verringertem Abstand mit heftigem Aerosolausstoß.

Wahrscheinlich ist die Seuche bis zum 3. Quartal dieses Jahres durch die fortschreitenden Impfungen der Bevölkerung weitgehend bewältigt. In Anbetracht der nun 20 Jahre dauernden Planungen für diesen Planfeststellungsabschnitt ist es deshalb unverantwortlich, nicht ein Abklingen der Pandemie abzuwarten. Die Durchführung der Veranstaltung ausgerechnet durch eine Behörde des Landes liefert zudem Menschen, die die Krankheit verharmlosen und staatliche Beschränkungen infrage stellen, geradezu die Rechtfertigung für ihre Auffassungen.

Dies alles geschieht in der Erörterung zu einer von der Bahn stur weiterverfolgten Antragstrasse, die durch den Alternativvorschlag des Bundesverkehrsministeriums für einen 11 km langen Tunnel endgültig und schonungslos als Fehlplanung entlarvt wurde. Mangels aussage-kräftiger Unterlagen der Bahn hierzu kann aber auch diese Tunnelalternative nicht sach- und fachgerecht abgewogen werden. Das ganze Verfahren ist von daher unseres Erachtens rechtsfehlerhaft.

Der von vielen Beteiligten, namentlich der Schutzgemeinschaft Filder, von Anfang an geforderte Erhalt der Gäubahn auf der Panoramastrecke und deren oberirdischer Kopfanschluss an den Hauptbahnhof als am schnellsten realisierbare, mit Abstand kostengünstigste und umweltfreundlichste Variante muss ebenfalls in die Variantenabwägung einbezogen werden.

Diese Alternative löst schließlich fast alle Probleme der Antragstrasse. Dies wird jedoch fortwährend von der Bahn und den lokalen Projektpartnern ignoriert.

Die Aussage der Verhandlungsleiterin, über den Gäubahnerhalt könne nicht entschieden werden, weil „die Politik halt die Führung der Gäubahn über den Flughafen verlangt habe“, ist unerträglich! Die Politik muss flexibel genug sein, eine längst als unsinnig erwiesene Forderung zu erkennen und zu korrigieren, anstatt in empörender Sturheit auf einer Fehlentscheidung zu verharren. Wir fragen uns, wo ist „die Politik“, die den Karren auf den Fildern damit an die Wand gefahren hat, eigentlich bei der Erörterungsverhandlung?

Nachdem die Sitzungsleiterin des Regierungspräsidiums Stuttgart die Forderung nach Beendigung der Erörterung zurückgewiesen hat, haben die anwesenden Kritiker des Verfahrens nach kurzem Meinungsaustausch und sorgfältiger Abwägung zwischen den Coronarisiken und ihrer Beteiligung an der Erörterung einer längst gescheiterten Fehlplanung unter Protest die Veranstaltung verlassen.

Trotz ihrer nach wie vor bestehenden Sorge wegen der gesundheitlichen Risiken werden Einzelne bei der Erörterung der Alternativen „Tunnel“ und „Gäubahnerhalt“ sowie der Gesamtplanrechtfertigung von Stuttgart 21 teilnehmen. Sie wollen die Themen nicht den Tunnellobbyhörigen überlassen, sondern den nötigen Sachverstand einbringen.

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