Rede von Hans Heydemann „GWM mit Rostrohren“ auf der 86. Montagsdemo am 08. August 2011

Liebe Freunde und Mitstreiter für den Erhalt des Kopfbahnhofes!

Wie Ihr alle wißt, ist die Bahn im Begriff, als Teil ihres Grundwassermanagements den Schloßgarten sowie die Innenstadt zwischen Jägerstraße und Kernerplatz mit insgesamt 17 km “blauen” Rohren zu verschandeln, um darin das abgepumpte Grundwasser auf 23 Schluckbrunnen zu verteilen!

Nach Ziff. 7.1.10 des PFB 1.1 müssen “alle Bauteile, die mit dem Grundwasser in Berührung kommen ... aus grundwasserverträglichen Materialien bestehen...”. Danach hätte die Bahn Rohre aus korrosionsbeständigen Edelstählen einsetzen müssen, mindestens aber solche mit einer geeigneten inneren Korrosionsschutzbeschichtung. Beides ist sehr teuer.

Was aber tut die Bahn? Sie läßt gewöhnliche Stahlrohre ohne jeglichen inneren Korrosionschutz einbauen, die schon bei der Lagerung auf der Baustelle für jedermann deutlich sichtbar rosten, allein von der Luftfeuchtigkeit und den paar Regentropfen, die der Wind dort hinein geweht hat!

Werden diese innen ungeschützten Rohre ständig von sauerstoffhaltigem Grundwasser durchströmt, unterliegen sie einem unaufhaltsamen Korrosionsvorgang, der die Rohrwandung nach und nach zerstört.

Ein m³ Wasser luftgesättigt kann 26 g Eisen lösen. Bei der vorgesehenen Grundwasser-Entnahme von insgesamt 6,8 Mio. m³ während der Bauzeit werden 176,5 to Eisen aus den 17 km langen Rohren herausgelöst und in den Untergrund geschwemmt.

Dem Grundwasser werden so wieder Fremdstoffe zugeführt; die Reinigung im GWM ist insoweit nutzlos, weil damit die Korrosion in den nachgeschalteten Leitungen nicht verhindert werden kann.

Die Bahn verstößt mit den hier eingesetzten Rohren ohne inneren Korrosionsschutz eindeutig gegen eine ausdrückliche Anordnung des Planfeststellungs-Beschlusses und damit gegen geltendes Recht!

Die Forderung, nur Grundwasser-verträgliche Werkstoffe einzusetzen, soll das Zuführen fremder Stoffe - und dazu gehören auch Korrosionsprodukte aus den Rohrleitungen - in Boden und Grundwasser verhindern. Dies wird aber von der Bahn unterlaufen!

Die Bahn erklärt das jetzt so, ich zitiere:

Die Deutsche Bahn AG als Vorhabenträgerin des Projekts Stuttgart 21 hält sich grundsätzlich an die Planfeststellungsbeschlüsse und hat dem folgend bei der Ausschreibung der Bauleistungen für das Grundwassermanagement die Verwendung von Stahlrohren mit PE-Innenbeschichtung vorgegeben.

Die Baufirma - Hölscher Wasserbau - hat eine Alternative angeboten.

Die Deutsche Bahn AG hat die Firma entsprechend aufgefordert, die Gleichwertigkeit des Materials nachzuweisen. Eine entsprechende Dokumentation liegt vor. Wir erkennen weder eine Verletzung gegen die Bestimmungen aus der Planfeststellung noch sehen wir eine Gefährdung des Grundwassers.

Die von der Firma vorgelegten Unterlagen wurden der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Eisenbahn-Bundesamt, übergeben.” - Zitat Ende -

An Dreistigkeit ist das kaum noch zu überbieten! Behauptet doch die Bahn allen Ernstes, die hier verwendeten Rohre ohne inneren Korrosionsschutz seien solchen mit PE-Innenbeschichtung gleichwertig! Unglaublich – das wäre gerade so, als wollte mir jemand einreden, ein Kieselstein sei einem Goldstück gleichwertig!

Die Bahn versucht nun, diesen offensichtlichen Verstoß gegen erteiltes Baurecht klein zu reden!

Die Bahn ist verpflichtet, jedes Angebot vor Vergabe auf die Erfüllung der Ausschreibungs-Anforderungen hin zu überprüfen! Entweder ist dies nur unzureichend geschehen; dann hat die Bahn grob fahrlässig gehandelt - und sich damit schuldig gemacht!

Oder – schlimmer noch! – die Bahn hat sich wegen der erheblichen Kosteneinsparung über diese Auflage hinweggesetzt in der Erwartung, es werde schon keiner merken. Das wäre vorsätzliche Täuschung und klarer Rechtsbruch!

Diese Rohre entsprechen nicht den Anforderungen des PFB und dürfen deshalb nicht eingebaut werden! Wir fordern die Bahn auf, den Einbau dieser Rohre sofort zu stoppen, bereits eingebaute Rohre wieder ausbauen und sämtliche angelieferten Rohre von der Baustelle entfernen zu lassen! Die Kosten dafür sind ausschließlich von der Bahn zu vertreten – sie sollen den dafür Verantwortlichen bei der Bahn auferlegt werden!

Das Eisenbahn-Bundesamt als Aufsichtsbehörde ist verpflichtet, der Bahn den Einbau dieser Rohre zu untersagen; doch es geschieht nichts! Deshalb haben wir Ingenieure22 letzte Woche Beschwerde eingereicht.

Die Untere Wasserbehörde der Stadt Stuttgart hat mitgeteilt, sie habe keine Bedenken gegen den Einsatz dieser Rohre; das Grundwasser werde dadurch nicht gefährdet und somit auch nicht das Mineralwasser.

Wie es aussieht, läuft es also darauf hinaus, daß das EBA seine eigene Anordnung nicht ernst nimmt und die Bahn davon befreien wird!

Schließlich noch zur Aussage des Konzernbevollmächtigten, Herrn Fricke am 27.5.2011 im Stuttgarter Rathaus. Auf die Frage, ob ein innerer Korrosionschutz der Rohre vorgesehen sei oder ob die Bahn eine “Rostbrühe in den Untergrund einleiten” wolle, hat Herr Fricke geantwortet: ”Selbstverständlich ist ein innerer Korrosionsschutz der Rohre vorgesehen.” Jetzt versucht er sich damit herauszureden, er habe lediglich ausgesagt, ein innerer Korrosionsschutz sei geplant und ausgeschrieben worden.

Welch eine Täuschung der Öffentlichkeit! Als Konzern-Bevollmächtigter für das Vorhaben S-21 muß er gewußt haben, daß der vergebene Auftrag eben keinen inneren Korrosionsschutz der Rohre vorsieht! Dies in einer öffentlichen Veranstaltung zum GWM anders darzustellen, ist allerdings eine glatte Lüge! Was aber sagt die Bahn? “Den Vorwurf der öffentlichen Lüge müssen wir zurückweisen; er ist haltlos”

Als Belüger der Öffentlichkeit ist Herr Fricke als Konzernbevollmächtigter für die Bahn nicht mehr tragbar und muß unverzüglich daraus entfernt werden!

Erinnern wir uns: Herr Fricke hat schon 2003 mit bahninternen Anweisungen dafür gesorgt, daß die damals bereits bekannten Mehrkosten der NBS den Abgeordneten des Bundestages nicht mitgeteilt werden durften, die Abgeordneten bei der Abstimmung also bewußt getäuscht wurden.

Sollte Herr Fricke jetzt nicht selber sein Amt zur Verfügung stellen, muß Bahnvorstand Grube ihn umgehend entlassen! Darauf müssen wir bestehen.

Das wäre nach Projektleiter Hany Azer dann eine weitere Führungskraft der Bahn, die gehen muß.



Oben bleiben!