Bahnstrom-Systeme in Europa

Zitat aus →Netzfrequenz (Wikipedia)

Die Unterschiede sind durch die historische Entwicklungsgeschichte der ersten Stromnetze in den 1880er und 1890er Jahren bedingt und haben heute keinen technischen Grund mehr.

Öffentliche Verbund-Stromnetze

Weltweit haben sich zwei Verbund-Netzfrequenzen etabliert:

  • In Europa, in großen Teilen Asiens, Australien, dem Großteil von Afrika und Teilen von Südamerika wird eine Netzfrequenz von 50 Hz verwendet.
  • Eine 60 Hz Netzfrequenz findet sich unter anderem in Nordamerika, Saudi-Arabien und Teilen von Japan.

In Verbundnetzen müssen alle Stromerzeuger wie Synchrongeneratoren in Kraftwerken synchron, also starr mit der Netzfrequenz, laufen.

Bahnstromnetze

Einige Eisenbahnen wie die ÖBB, SBB und die Deutsche Bahn nutzen für ihre Bahnstromversorgung eine nominale Frequenz von 16,7 Hz. Früher betrug die nominale Bahnnetzfrequenz 16 2/3 Hz, was genau einem Drittel der im Verbundnetz verwendeten 50 Hz entspricht. Einige Eisenbahnen und auch industrielle Abnehmer in Nordamerika werden aus historischen Gründen mit einer Netzfrequenz von 25 Hz versorgt. Die vergleichsweise niedrigen Netzfrequenzen resultieren aus der technologischen Entwicklung der ersten elektrischen Maschinen: Anfang des 20. Jahrhunderts konnte man elektrische Maschinen größerer Leistung nur mit diesen niedrigen Frequenzen bauen. Wegen des großen Umstellungsaufwandes werden jedoch die damals eingeführten niedrigen Netzfrequenzen auch noch heute beibehalten.


Die Bahnstromnetze in Europa sind historisch und national bedingt ein wahrer Flickenteppich. 

aus Wikipedia

aus Wikipedia - Legende:

750 V Gleichstrom | 1,5 kV Gleichstrom | 3 kV Gleichstrom |
15 kV, 16,7 Hz Wechselstrom | 25 kV, 50 Hz Wechselstrom |
nicht elektrifiziert

Bei Bahnnetzen in Europa verwendete Stromsysteme:

  • 750 Volt DC: Umgebung von London
  • 1500 Volt DC:  Niederlande, Teile in Frankreich u. a.
  • 3000 Volt DC:  Italien, Spanien, Polen, Russland, CZ u. a.
  • 15 kV, 16,7 Hz:  Deutschland, Österreich, Schweiz, Norwegen und Schweden. (seit 1912)
  • 25 kV, 50 Hz:  Teile in Frankreich, Portugal, Dänemark, Großbritannien (ohne irische Insel und Schottland), (Süd-)Osteuropa.
    Fast alle Schnellfahrstrecken in verschiedenen europäischen Ländern. (seit 1960)
  • Nicht elektrifiziert sind demnach: Irische Insel, Schottland, Sardinien, Korsika, Albanien, Zypern

Zunächst (um 1900) wurde auch bei Eisenbahnen das bei Straßenbahnen (600 V DC) bewährte Stromsystem mit niedriger Gleichspannung verwendet.
Allerdings mussten höhere Spannungen verwendet werden (1.500 V DC) um größere Lasten befördern zu können.
Für Fernbahnen war auch diese Spannung eigentlich zu niedrig, da man viele Einspeisepunkte benötigt um die ohmschen Verluste niedrig zu halten.

Mit steigender Leistung der Fahrzeuge stieg auch der Strom in der Fahrleitung an. Diese hätte größere Querschnitte der Fahrleitung erfordert, was aus mechanischen Gründen problematisch ist. (Montage und Elastizität)

Daher wurde bald der Wert der Gleichspannung auf 3.000 V DC erhöht. Eine höhere Spannung war nicht möglich, da die Fahrmotoren keine höhere Spannung vertragen.

Mit Wechselstrom-Motoren konnte die Spannung deutlich erhöht werden, da die Spannung mit dem Trafo auf der Lokomotive auf einen Wert gesenkt werden kann, den die Motoren vertragen.
Die um 1900 eingeführte Frequenz von 50 Hz für das allgemeine Netz war jedoch für die Bahn-Motoren damals (um 1910) noch ungeeignet.

Nach einigen Versuchen einigten sich manche Länder (Deutschland, Schweiz, Österreich, Schweden, Norwegen) auf die Verwendung von 16 2/3 Hz (= 50/3).

Damit waren 2 Nachteile verbunden:

  • Die Bahn benötigt ein eigenes Hochspannungsnetz für die andere Frequenz, was erhebliche Investitionen und dadurch Kosten zur Folge hat.
  • Der Trafo auf der Lok ist 3 mal so schwer als dies beim Betrieb mit 50 Hz der Fall ist.

Seit 1960 wurde im Norden von Frankreich das Netz mit 25 kV und 50 Hz elektrifiziert.
Es waren Lokomotiven ausgerüstet mit rotierenden Umformern, Quecksilber-Dampf-Gleichrichtern oder Selen-Gleichrichtern.
Alle Varianten waren aufwendig oder sehr empfindlich besonders bezüglich Spannungsspitzen.

Man wollte unbedingt ein separates Hochspannungsnetz wie in Deutschland vermeiden.

In Frankreich ist das Netz im Süden mit 1.500 V DC elektrifiziert, während im Norden das Netz mit 25 KV, 50 Hz elektrifiziert ist.

Daher sind heute alle Züge in Frankreich mindestens für beide Stromsysteme ausgerüstet. Die schnellen Strecken für der TGV sind mit 25 KV, 50 Hz ausgerüstet, während in der Umgebung von Großstädten der TGV auch auf Strecken mit 1.500 V DC fahren können muss.


Erst mit der Entwicklung von geeigneten Umrichtern (die ab ca. 1987 zur Verfügung stehen) sind 50 Hz bei Eisenbahnfahrzeugen kein Problem mehr.

Inzwischen haben diese Fahrzeuge, dank der Qualität der leistungselektronischen Bauteile eine sehr große Zuverlässigkeit. Mit diesen Loks, sofern das technisch gewollt wird, können die bestehenden Systemgrenzen überwunden werden.

Viele Loks und Triebwagen, die heute verwendet werden, sind für alle in Europa gängigen Bahn-Stromsysteme geeignet.

 

Erstellt von Fridtjof Schmitt-Eisenlohr, Ingenieure22 - Stand 26.01.2022